Donnerstag, 26. Januar 2012

Meine Forschungsergebnisse zusammengefasst

Mobilität, Interaktivität und Digitalisierung prägen unsere Gesellschaft, verändern unter anderem unser Stadtbild. Methoden zu entwickeln, mit denen sich komplexe Entwicklungen als designrelevantes Wissen erschließen lassen, war meine Grundmotivation für  Formanalysen, um diese anschließend in gestalterische Interventionen zu überführen.

     Den öffentlichen Raum erforschen, einen Raum, der sich dem im Wandel der Zeit beugen muss, diese Aufgabe ich mir in dieser Semesterarbeit. Stadtmöbel sind entscheidende Elemente im Public Design. Gleich wie Elemente im Supermarkt steuern sie Bewegungen von Menschen, lenken Blicke, bieten Platz zur Versammlung, laden zu Ruhepausen ein und bieten Platz sich auszudrücken und zu kommunizieren. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Ausgestaltung des öffentlichen Raumes mit Werbung verbunden. Ernst Litfaß hat mit seiner gleichnamigen Säule einen enormen Schritt in der  Gestaltung des öffentlichen Raumes unternommen. „Wild“ geklebte Plakate erhielten ihren Platz, die Litfaßsäulen wurden Zentren der Kommunikation. Die Schaffung von individuellen und bewusst gestalteten Anziehungspunkten oder Erlebnisräumen wird als bedeutsam angesehen für die zukünftige Entwicklung von Metropolen.
Marc Augé, ein französischer Anthropologe und Ethnologe bezeichnet in seinem Buch Orte und Nicht-Orte (vgl.: Marc Augé, 1994) jene Orte als Nicht-Orte, die weder Identität, Relation noch Geschichte symbolisieren. Dazu zählen unter anderem Durchgangsräume, Einkaufszentren, Flughäfen und verdichtete Wohnsiedlungen. Menschen sind an diesen Nicht-Orten stets Passanten, Passagiere, Kunden oder Benutzer. Diese Orte sind keine keine ‚anthropologischen Orte.‘ 
Betrachtet man Fußgängerzonen als Supermärkte mit dem Ziel die Durchgangszonen zu analysieren kann man Bedürfnisse und Problematiken aufzudecken. Öffentliche Räume verändern sich. Um das Beispiel der Dornbirner Innenstadt aufzugreifen: Der einstige Dorfplatz verwandelte sich im Zuge der Mobilisierung zu einem wichtigen Hauptknotenpunkt , an dem um 1900 noch ein Verkehrspolizist den Verkehr regelte. 1987 wurde durch den Bau der Stadtstraße eine Fußgängerzone gebaut, die in ihrer Form wieder dem historischen Dorfplatz gleicht und gleichzeitig durch die Achsen die ehemaligen Verkehrswege erkennen lässt. Durch diese Transformationen, Anpassungen und den Wandel der Gesellschaft und Technik kann es sein, dass Stadtmöbel oder ganze Bereiche einer Stadt ihre Funktion verlieren, teilweise einbüßen oder nach neuen Funktionen verlangen.

Um dies zu erfassen, wurde die Fußgängerzone unter Vorbildnahme der, in Supermärkten üblichen, verkaufspsychologischen Praktiken,  in 6 Zonen eingeteilt. ( vgl.: S 10 ff.)
Die Überlegungen gehen davon aus, dass Supermärkte Handelsplätze und Marktplätze von damals imitieren. Die Wegführung in Supermärkten gleicht dem Aufbau von Städten (siehe Bsp. Feldkirch), sofern Blockverbauung aufweisen. Aber auch Innenstädte haben Techniken der Verkaufspsychologie in Supermärkten übernommen und zwar das sogenannte Blocking. Darunter versteht man Warentische, Präsentationsständer, manchmal sogar Menschen, die mit Kostproben warten, die eingesetzt werden, um uns gezielt gezielt den Weg versperren, um die Wahrnehmung des Kunden zu irritieren und den bewussten Verstand direkt auf das jeweilige Angebot zu lenken. Die überdimensionale Leuchtreklame über dem Eingang des Supermarktes erinnert an die Vordächer, übernehmen jedoch nur noch die Funktion der Fernwirkung.

Ich habe festgestellt, dass einige  Stadtmöbel völlig ihre Funktion verloren haben. Ein Telefonzelle-Litfaßsäulen-Hybrid, der sich in einer sogenannten  Bremszone befindet, beispielsweise. In dieser Zone wird versucht, die Geschwindigkeit zu bremsen. Dies geschieht in Fußgängerzonen normalerweise durch Attraktionspunkte, dazu zählen Objekte, die den Blick auf sich ziehen oder mittels Ruhezonen. Litfaßsäulen waren früher ein wichtiger Ort der Kommunikation, der Begegnung und Interaktion.  Diese Stadtmöbel verlor nach und nach an Funktion, da in Zeiten des Mobiltelefons kaum jemand mehr öffentliche Telefonzellen benutzt und Plakate in den Vitrinen wurden auch sporadisch benutzt unter anderem, um die Notrufnummer bekannt zu geben. All diese Fakten sprachen dafür, dass dieses Stadtmöbel eines Redesigns bedurfte, um neuen Entwicklungen und Ansprüchen wieder gerecht zu werden. Wieder einen neuen Ort der Kommunikation, Interaktion und Begegnung zu schaffen, das war  das gestalterische Ziel und wurde im praktischen Teil der Arbeit mittels sogenannten Multitouch-Screens umgesetzt. Eine Transformation von  einem schleichend entstehenden Nicht-Ort wieder zurück zu einem Ort wurde vollzogen. Außerdem wurde ein neuer Attraktionspunkt geschaffen, der der Orientierung dient.
An diesen interaktiven Screens haben Passanten die Möglichkeit, sich mitzuteilen. Es wurden verschiedene Nutzungen des öffentlichen Raumes aufgegriffen unter anderem auch Streetart-Bewegungen, die vor allem im urbanen Umfeld als Ausdrucksmittel praktiziert werden, wie Pflückgedichte und Tags der Graffitisprayer und Botschaften an den Wänden und die Idee der Partyfotografie, die sich als wichtiges Tool zur Selbstinszenierung etabliert hat.
Mobilität, Interaktivität und Digitalisierung werden unser Stadtbild der Zukunft prägen und natürlich auch das Design unserer Stadtmöbel. Interaktive Terminals, Echtzeit-Fahrpläne, Displays werden eine neue Art der Kommunikation möglich machen. Mobiltelefone werden in Kombination mit Stadtmöbel  oder Plakatflächen Interaktion ermöglichen. Stadtrelevante Daten sind überall abrufbar, wie ein Museumsführer, Cityguide, Übersicht der Öffentlichen Verkehrsmittel. Die Rolle von Public Design wird zusehends wichtiger, es muss sich an das gewachsene Stadtbild individuell anpassen und erlaubt es aber andererseits Akzente zu setzen. James Irvine und Jasper Morrison meinten: „Nun werden wir Zeuge, wie sich die Städte selber wieder dem Design zuwenden.“ Mit diesen Multitouchscreens ist auch Dornbirn für diese Entwicklungen gewappnet. Das Wohlbefinden der Bürger ist das Vermögen einer Stadt und Ziel der Interactive Cities sollte sein genau dieses Vermögen zu vermehren.  (vgl.: Erlhoff Michael, Heidekamp Philipp, Utikal Iris, 2008, S. 140)

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